Als ehemaliger Bereitschaftspolizist, Zivilfahnder, Leiter von Zivileinheiten zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, als Dienstgruppenleiter auf den Schwerpunktabschnitten in Nord-Neukölln und jetziger Pensionär, möchte ich mich in die aktuelle Berichterstattung über Rassismus bei der Berliner Polizei einmischen.

Ausgelöst wurde diese Debatte aufgrund von mehreren rassistischen und menschenverachtenden Vorfällen durch Polizeibeamte in den USA. Diese wurden durch Zeugen und durch Filmmaterial belegt und zeigen Polizeigewalt in ihrer schlimmsten Form! Aufgrund der Videoaufzeichnungen schließe auch ich eine Mord-oder Tötungsabsicht der handelnden Polizeibeamten nicht aus.

Wie es aber dazu kommt, diese nicht entschuldbaren Entgleisungen einiger amerikanischer Polizisten auf Deutschland und hier auf Berlin zu übertragen, ist mir unbegreiflich.

Dazu harte Fakten aus den 44 Jahren meiner Tätigkeit bei der Berliner Polizei, mit den hauptsächlichen Einsatzgebieten in den Bezirken Neukölln und Kreuzberg.

Zunächst möchte ich, im Gegensatz zur Polizei in Amerika, auf die Einsätze mit Schusswaffengebrauch durch meine Kollegen/-innen und mich eingehen. Zugrunde liegen dabei die Erfahrungen von Tausenden Festnahmen auf frischer Tat, die Mörder, Räuber, Kinderschänder, Gewalttätern jeglicher Art, Diebe, Betrüger und viele mehr, betrafen. Allein bei den über 5000 Festnahmen an denen ich selbst beteiligt war, wurde lediglich zweimal von der Schusswaffe meiner Mitarbeiter Gebrauch gemacht. Dabei wurde einmal ein Warnschuss in die Luft abgegeben, um eine Bande von brutalsten Tätern zu stellen, die etliche Berliner Kneipen überfallen hatten und dabei Gäste und Angestellte mittels Messer und Schlagstöcken übel misshandelten. Die zweite Schussabgabe erfolgte bei der versuchten Festnahme eines bewaffneten, mit Haftbefehl gesuchten Rauschgifthändlers, der mittels eines Kraftfahrzeuges auf einen Kollegen zufuhr. Der Schuss durchschlug die Felge dieses Fahrzeuges.

In der gleichen Zeit musste ich allerdings ungeheuer emotional betroffen miterleben, dass zwei mir sehr gut bekannte, liebe Kollegen erschossen und ein Kollege angeschossen wurde. Dabei handelte es sich um Roland Krüger, der bei einem SEKEinsatz von einem libanesisch stämmigen Mann erschossen wurde und um Uwe Lieschied, der von einem türkisch stämmigen Räuber, bei dem Versuch der Überprüfung ebenfalls brutal und hemmungslos niedergeschossen wurde. Beim dritten Einsatz, der von mir geleitet wurde und bei dem es um die Festnahme eines türkischen Großdealers ging, der sich selbst größenwahnsinnig „Imperator“ nannte, wurde mein enger Mitarbeiter Olaf Wedekind heimtückisch mit einer verdeckt gehaltenen Pistole angeschossen. Dabei erlitt er einen Lungendurchschuss und konnte nur knapp dem Tode entrissen werden.

Diese Gegenüberstellung von Schusswaffeneinsätzen, an denen ich unmittelbar beteiligt war, zeigt nicht die gesamte Anzahl der von Berliner Polizei während meiner Dienstzeit aufgelisteten Einsätze, in denen Schusswaffen zum Einsatz kamen, sie ist aber mit Sicherheit ein genauer Gradmesser für das Verhalten meiner Kollegen/-innen.

Über die ungezählten, teilweise schweren Verletzungen, von denen Kollegen/-innen fast täglich während ihrer polizeilichen Tätigkeiten betroffen sind, will ich hier gar nicht berichten, sie würden dieses Statement bei weitem sprengen.

Ich möchte aber nun zu den allgemein gehaltenen Rassismus – Vorwürfen kommen, die auf eine Vielzahl meiner Kollegen/-innen einprasseln und die ich noch nicht einmal im Ansatz nachvollzeihen kann, weil sie falsch sind. Selbstverständlich, und da bin ich überhaupt nicht blauäugig, gibt es auch bei der Berliner Polizei ganz vereinzelt einige, auf die dieser Vorwurf vielleicht zutreffen mag. Der überwiegende Teil hat mit diesen Anschuldigungen aber überhaupt nichts am Hut. Ich bin sogar der Meinung, dass Kollegen/-innen, die beispielsweise in den Bezirken Neukölln und Kreuzberg arbeiten, in denen mittlerweile ein Großteil der Bevölkerung aus fast allen Ländern der Welt stammt, nur einige Tage ihrer Tätigkeit nachgehen könnten, bevor sie von ihren Vorgesetzten abgelöst werden würden, oder von selbst kündigten, wenn sie solche rassistischen Vorurteile hätten.

Hinzukommt, dass die Polizei mittlerweile selbst multikulturell aufgestellt ist und dies schon seit etlichen Jahren. Ich hatte zum Beispiel in meinen Einheiten türkische, arabische, polnische und niederländische Mitarbeiter/-innen, ohne das jemals ihre Herkunft eine Rolle spielte.

Im Gegensatz zu den vielen „Wissenden“, die jetzt in den Medien und auch in der Politik lauthals die Polizisten/-innen in dieser Stadt als rassistisch diffamieren, ja sogar über einen „latenten Rassismus“ bei der Polizei lamentieren (Bundesvorsitzende der SPD Saskia Esken) erleben meine Kollegen/innen was sich im täglichen Dienst auf der Straße und bei der Anzeigenaufnahme auf den Polizeiabschnitten wirklich abspielt. Genau so, wie ich es selbst während meiner Dienstzeit erlebte, müssen sie sich immer wieder, ja gebetsmühlenartig, folgende Beschuldigungen anhören:

„Ich werde

  • nur angehalten,
  • kontrolliert,
  • bekomme ein Verwarnungsgeld,
  • werde festgenommen,

weil ich schwarze Haare habe,

  • weil ich ein Ausländer/-in bin,
  • weil ich andersfarbig bin“, und, und, und.

Vorwürfe, die völlig aus der Luft gegriffen sind. Sie selbst sind es in der Regel, die ganz allein den Grund dafür liefern, überhaupt polizeiliche Maßnahmen über sich ergehen lassen zu müssen. In diesem Zusammenhang werden der Polizei auch immer wieder verdachtsunabhängige Kontrollen vorgeworfen. Dass die Polizisten/-innen den gesetzlichen Auftrag haben Straftaten zu erforschen und zu verhindern, Gefahrenlagen rechtzeitig zu erkennen und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden (verkürzt) und dass sie dabei auch auf ihre Lebens-und Berufserfahrung zurückgreifen müssen, um diese schwierigen Felder erfolgreich zu bestellen, wird in diesem Kontext völlig außer acht gelassen. Denn bei diesen angenommen verdachtsunabhängigen Kontrollen geht es nämlich nicht um das Aussehen oder die Herkunft dieser Menschen. Das spielt überhaupt keine Rolle! Sondern praktisch immer um ihr Verhalten kurz vor der Kontrolle oder um den Zusammenhang zwischen Ort und Zeit, also wann und wo sie sich aufhalten, das sie überhaupt erst verdächtig macht. Diesen Kontrollen müssen sich alle Menschen stellen, wenn sie dementsprechend in dieses Rasta passen!

Dass ich bereits seit Jahren neben den bereits genannten Vorwürfen zusätzlich bei jedem zweiten, dritten Einsatz, als „Nazi“, „Deutscher Hund“, „Faschist“, „Rassist“, „Ausländerfeind“ und vielen Schimpfwörtern mehr betitelt wurde, sei ebenfalls erwähnt. Dass dabei einige Kollegen/-innen die Nerven verlieren, wenn sie mit diesen Schimpfworten tituliert werden, sozusagen die „Rassismus-Keule“ geschwungen wird, nur weil man sein eigenes Fehlverhalten nicht einsieht und es dann zu dementsprechenden Antworten kommt, ist menschlich verständlich, wie ich finde. Es ist eben nicht so einfach sich bei einem solch aggressiven Verhalten zu behaupten. Im Gegensatz zu dem latenten Rassismus-Vorwurf findet diese Aggressivität gegen Ordnungs-und Rettungskräfte in diesem Land aber leider deutlich sicht- und merkbar statt, Frau Eskens!

In den letzten Jahren kam noch gesteigert hinzu, dass versucht wurde, mich zu einer unbedachten körperlichen Reaktion zu verleiten, indem man mich anschrie oder beleidigte und dabei mit einem Handy filmte, um diesen Film anschließend diffamierend ins Netz zu stellen. Inzwischen flächendeckend gängige Praxis, unter der alle Kollegen/innen leiden.

Dass es nun zusätzlich ein „Anti-Diskriminierungs-Gesetz“ und einen „Unabhängigen Polizeibeauftragten“ in Berlin geben soll, passt in diese Stadt, in der Recht und Gesetz einer bestimmten politischen Weltanschauung folgt. Siehe linke Extremisten, die die Stadt und die Polizeibeamten/-innen seit Jahren terrorisieren; gewalttätige Demonstrationen, die kleingeredet werden; kriminelle Clans, die aus Rücksicht auf angebliche Fremdenfeindlichkeit Jahrzehnte machen konnten, was sie wollten; rechtmäßige Urteile zur Abschiebung, die nicht vollstreckt werden und so weiter.

Bisher war es gängige Praxis, dass ein Polizeibeamter/-in, wenn es eine Anzeige gegen sie gab oder eine Beschwerde vorlag, fast immer sofort ihre Dienststelle wechseln mussten, er oder sie neben einer Strafanzeige ein Disziplinarverfahren bekamen und Beförderungen auf Eis gelegt wurden. In schweren Fällen wurde er oder sie sofort aus dem Dienst genommen (suspendiert). Dazu wurde die interne Revision eingeschaltet, die die Ermittlungen neben der strafrechtlichen Seite (Staatsanwaltschaft) übernahmen. Wurden die Ermittlungen wegen falscher Anschuldigungen eingestellt oder es erfolgte ein Freispruch, wurden die bereits getroffenen Maßnahmen (Wechsel der Dienststelle, Beförderung und vieles mehr) in der Regel nicht zurückgenommen.

Da dies ja offensichtlich bei weitem noch nicht ausreicht, wurde nun im Rahmen des sogenannten „Anti-Diskriminierung–Gesetzes“, die sogenannte „Beweislastumkehr“ eingeführt. Das heißt, dass jeder Bürger, der sich rassistisch von der Polizei behandelt fühlt, dies nicht etwa belegen muss, nein der Polizist oder die Polizistin müssen beweisen, dass dies nicht so war. Vordergründig soll das Land Berlin dann für den Schadensersatz aufkommen. Da komme ich auf meine Schilderungen des täglichen Einsatzgeschehens zurück. Wenn nur ein Zehntel dieser Menschen, die mich als Rassist bezeichneten, solch eine Anzeige gemacht hätten, dann wäre ich aus dem Schreiben und

Begründen, warum dies nicht so war, nicht mehr herausgekommen. Auf weitere, mögliche disziplinarische Maßnahmen möchte ich gar nicht eingehen.

Was mich aber besonders ärgert, ist die Tatsache, dass es die Politik bis heute nicht geschafft hat, die von vielen kriminalpolizeilichen Fachleuten geforderte „Beweislastumkehr“ in der organsierten Kriminalität einzuführen. Stattdessen wird die Polizei unter Generalverdacht gestellt.

Ich erspare mir hier zusätzlich, auf die Einsetzung des „Unabhängigen Polizeibeobachters“ einzugehen. Da kann ja eigentlich die interne Revision abgeschafft werden, na ja doppelt und dreifach hält besser bei diesen „rassistischen Kollegen/innen“, die Berlin beschäftigt, um nur mal die Worte einiger Politiker zu wiederholen.

Da passt es doch auch ganz toll in diese politische Landschaft, dass in einem Bericht der TAZ unter dem Titel: „All cops are berufunfähig“, den ich so in Gänze nicht wiederholen möchte, zum Schluss das Resümee gezogen wird: „ …das Polizeibeamte am besten auf der Mülldeponie aufgehoben seien: unter Ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch am wohlsten“.

Diese Autorin, die schon zuvor mit einigen „bemerkenswerten“ Artikeln aufgefallen ist, darf sogar von sich behaupten beim Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier eingeladen worden zu sein.

Die Erregung über diesen nachträglich als Satire gekennzeichneten Artikel hielt sich bei den Regierungsparteien in Berlin und in den Medien in engen Grenzen. Interessant wäre es zu wissen, was passiert, wenn ein Polizeibeamter/-in nur ansatzweise diese Wortwahl in Bezug auf Menschen benutzen würde. Neben einem Disziplinarverfahren, bei dem mit Sicherheit der Rauswurf aus dem Polizeidienst geprüft werden müsste (für mich nachvollziehbar), kämen Anzeigen beim unabhängigen Polizeibeauftragten hinzu und selbstverständlich würde auch das „Anti-Diskriminierung–Gesetz“ eine Rolle spielen. Von den Medien und den entsprechenden Politikern, die sich mit Appellen nach Konsequenzen geradezu überschlagen würden, ganz zu schweigen. Ich glaube auch, dass von diesen selbstverständlich sofort die Forderung aufgestellt würde, sämtliche Polizeibeamte/-innen in Berlin auf ihr menschenverachtendes Verhalten und ihre Ausdrucksweisen zu überprüfen. Glücklicherweise kenne ich keinen Polizeibeamten/-in und ich bin mir sicher, dass es in dieser Polizeibehörde auch keinen gibt, der solch eine innere Einstellung hegt, Menschen auf den Müll zu werfen!

Ich, der seinen Beruf nicht als Job, sondern als Berufung gesehen hat, muss leider das Fazit ziehen, dass ich den Beruf des Polizeibeamten unter den geschilderten Umständen heute nicht mehr ergreifen würde!

Karlheinz Gaertner pensionierter Polizist und Autor der drei Bücher:

„Kampfzone Straße“, gemeinsam mit Fadi Saad, der aus einer palästinensischen Familie stammt,

„Nachtstreife“ und „Sie kennen keine Grenzen mehr“